„In der Zeitung findet man mehr Wahrheit“
Warum Vicelinschüler den Holsteinischen Courier spannender finden als Informationen in sozialen Medien
Dörte Moritzen
Können wir das lesen?“ Erwartungsvoll schauen 18 Augenpaare auf Lehrerin Anja Stender (52). Seit Ende März nimmt die Klasse 4a der Vicelinschule – ebenso wie 18 weitere Klassen aus 15 Schulen in der Stadt und den Umlandgemeinden – an dem Projekt „Zeitung in der Schule“ (Zisch) teil und liest dabei regelmäßig den Holsteinischen Courier. Mittlerweile finden sich die Viertklässler schon prima in „ihrer“ Tageszeitung zurecht und wissen genau, was sie besonders interessiert.
„Kindernachrichten“ sind sehr beliebt
Smuo (10) liest besonders gern die Seite „Kindernachrichten“. „Da ist das alles besser erklärt als bei den Erwachsenen-Texten“, sagt sie. „Außerdem gibt es Rätsel.“ Ihr Mitschüler Dzhenan (11) gibt ihr Recht, auch wenn er auf den anderen Seiten ebenfalls schon viel Spannendes für sich gefunden hat: „Fußball zum Beispiel und Unfälle“, sagt er. Dass im Courier viel Interessantes aus dem eigenen Lebensumfeld berichtet wird, haben die Kinder längst begriffen. „Da war ein schlimmer Bahnunfall bei uns in der Nähe. Darüber haben wir gelesen“, sagen sie. Nun schauen sie regelmäßig, ob es Neuigkeiten dazu gibt: „Wir wollen wissen, warum das Unglück passiert ist“, sind sie sich einig. Aber auch Vorankündigungen wie Feste, der Wetterbericht oder Kritiken zu neuen Filmen sind Melik und Bawan (beide 10) wichtig.
Klassenlehrerin Anja Stender setzt die Zeitung als Arbeitsmaterial immer dann ein, „wenn es thematisch passt“. Deshalb wird ab und zu ganz gezielt im Unterricht darin gelesen. Aber auch während der Frühstückspause nimmt sich die Klasse gern Zeit für eine gemeinsame Zeitungslektüre. Entweder wird sie dann als E-Paper auf die moderne Multimedia-Tafel projiziert, sodass alle mitlesen und diskutieren können, oder die Kinder schmökern erst mal allein auf den schuleigenen Tablets und tauschen sich danach intensiv über die Inhalte aus. Denn zu sagen gibt es in der munteren Klasse immer einiges – egal, ob es um einen Artikel über die Special Olympics geht oder um einen bei den Jungs beliebten Fußballer oder Neuigkeiten aus Neumünster.
Seit sich die Kinder intensiv mit dem Courier beschäftigt haben, sind sie sich einig: „Da gibt es mehr Informationen als zum Beispiel bei Facebook.“ Wahab (10) fasst seinen Eindruck zusammen: „In einer Zeitung findet man mehr Wahrheit. Bei Social Media kriegt man oft Fake.“ Weil jeder Schüler bis Ende Juni einen eigenen Online-Zugang bekommen hat, können die Kinder den Courier auch zu Hause auf dem PC oder Handy weiterlesen. „Ich mache das gern mal mit meinen Eltern“, verrät Dzhenan.
Selina (10) hingegen lässt immer mal wieder ihren kleinen Bruder mit in die Zeitung schauen. „Denn ich finde es gut, dass es eine Zeitung gibt. Das soll er auch wissen.“